Bericht: Tim Kegel
Forscher der DHBW Mannheim und die B&S Service GmbH von Konrad Weiß treiben Pilotprojekt voran
Wasserstoff für den Hausgebrauch: Eine Technologie, die laut den Initiatoren in Europa bislang einzigartig ist, wird zurzeit im beschaulichen Waldangelloch zur Marktreife gebracht: „H2F@Home“ – eine kleine, einfach ausbaufähige Wasserstoff-Tankstelle für Firmenflotten – passt bereits im raumgreifenden Versuchsaufbau auf einen Anhänger und soll vor allem Unternehmen, mittelfristig eventuell auch Privatleuten neue Perspektiven in Sachen umweltfreundlicher Energie eröffnen.
Unternehmer Konrad Weiß sprüht schon jetzt: „Das fehlt uns noch“, sagt der Inhaber der Firma B&S Service GmbH, „damit werden wir autark.“ Seit dem Jahr 2005 hat Weiß sein Unternehmen für Sicherheitstechnik auf die Nutzung alternativer Energien umgestellt, eine Flotte mit Elektrofahrzeugen eingerichtet, die Dächer mit Solartechnik ausgestattet, in Stromspeichertechnologie investiert, in eine kleine Windkraftanlage vor der Zweigstelle am Ortseingang sowie in Hackschnitzelheizungen und in eine Nebenerwerbslandwirtschaft, die dafür Chinaschilf produziert und erntet. Innerorts fahren die Mitarbeiter mit zwei Lastenfahrrädern vom Logistikzentrum zur Zentrale.
„Mit CO2-Steuer kann mich niemand ärgern“, sagt der 60-jährige Weiß, der an die Sache spielerisch-verschmitzt und mit der Denke eines Unternehmers rangeht. Nur das mit der Elektro-Flotte habe irgendwann nicht mehr ganz so gut ins Konzept gepasst, sagt Weiß: Was zu Beginn „für uns super gewesen“ sei, bekomme heute die stark gestiegenen Stromkosten zu spüren. Dadurch hätten sich die Personalkosten der mittlerweile 25 Außendienstler um rund 20 Prozent erhöht. Zudem seien die Reichweiten zu gering und die Ladezeiten zu lang. Wasserstoff- Autos – Zukunftsmusik? Offenbar nicht in Waldangelloch.
Begeistert von der Materie – und von dem mittelständischen Betrieb im entlegenen Dörflein mit dessen Esprit – sind auch Projektleiter Volker Schulz und Sven Schmitz, beide Professoren im Forschungscluster Elektrochemie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim: Zusammen mit ihren Studenten entwickelten sie einen Prototypen einer Technik, die „einen klimafreundlichen Außendienst“ ermöglichen soll, indem Wasserstoff – erzeugt mit Strom vom eigenen Solardach – auf dem Firmenparkplatz getankt wird. Herzstück – und die eigentliche Innovation des Projekts –ist ein elektrochemischer Verdichter, der nahezu wartungsfrei und im Betrieb kostengünstig sei und das System klein und vor allem skalierbar macht. Das heißt: Je nach Bedarf, soll die Anlage mit einem Fuhrpark mitwachsen und einfach ausgebaut werden können.
Einmal zur Marktreife gebracht, rechnet Projektleiter Schulz mit Kosten von rund 150 000 Euro für eine Anlage des gezeigten Typs; laut Entwickler Schmitz ließen sich damit aus 100 Litern Leitungswasser täglich elf Kilogramm Wasserstoff herstellen, was für zwei Tankfüllungen ausreiche. Dementsprechend sollen in Waldangelloch dann auch zunächst zwei Brennstoffzellen-Fahrzeuge der Marke Hyundai – eines kostet rund 70 000 Euro – betankt werden.
Das Wasser, das im Elektrolyseur der Anlage aufbereitet wird, kommt aus der Leitung. Über die Wirtschaftsförderung der Metropolregion kam der Kontakt der Dualen Hochschule mit den Mittelständlern zustande: Obwohl als Sicherheitsfirma im eigentlichen Geschäft fachfremd, konnten die Waldangellocher mit ihrer Expertise auf dem Feld der alternativen Energien die Ausschreibung für das sogenannte Home-Refueling-Konzept gewinnen. Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg fördert das Projekt zwei Jahre lang im Rahmen des Programms „Invest BW“ und finanziert unter anderem zwei Personalstellen.
Das bundesweit eher grobmaschige Netz der Wasserstofftankstellen – rund 100 gibt es, je nach Quelle – könnte durch die Technologie wachsen, auch wenn Wasserstoff-Kritiker den hohen Wasserverbrauch und Energieaufwand ins Feld führen. Rund 45 Millionen Fahrzeuge tanken in Deutschland Benzin oder Diesel, eine ähnliche Menge mit Wasserstoff zu betanken, würde zu hohen Verbrauchraten beim Wasser führen. Chancen für die Technologie, die auf dem Firmengelände der B&S Service erstmals im Kreise von Politik- und Verbandsvertretern präsentiert wurde und großen Anklang fand, sehen die Entwickler dennoch auch in der Heiztechnik: Ältere und damit nicht mehr subventionierte und abgeschriebene Solaranlagen böten einiges an Potenzial für die Wasserstofferzeugung.